Medien- und Telekommunikationspolitik: Unordnung durch Konvergenz – Ordnung durch Mediamatikpolitik
2006
Michael Latzer
ITA-manu:script No. ITA-06-01
Ende des 20. Jahrhunderts wird ein Kernstück des über viele Jahrzehnte hinweg gelehrten und praktizierten Ordnungsmodells im Kommunikationssektor brüchig: Die technikorientierte Unterteilung in Medien und Telekommunikation, in Individual- und Massenkommunikation, die sich in unterschiedlichen Regulierungsmodellen und in getrennten politischen Zuständigkeiten für Medienpolitik einerseits und Telekommunikationspolitik andererseits manifestiert. Das Internet ist das Symbol der als Konvergenz bezeichneten Disruption in Politik und Analyse, aber gleichzeitig nur die Spitze des Eisberges, auf den das schwer manövrierbare Regulierungssystem aufgelaufen ist. Seither wird an der Schadensbegrenzung und an einem neuen Kurs der Kommunikationspolitik gearbeitet. Das reformierte Ordnungsmodell soll dem durch Konvergenz veränderten Kommunikationssystem, der Mediamatik, gerecht werden. Der Beitrag zeichnet vorerst die Genese und Grundzüge der traditionellen Ordnungsmodelle der Medien- und Telekommunikationspolitik nach und thematisiert das Verhältnis von Kommunikationswissenschaft und Politik (Abschnitt 1). Anschließend wird die durch Konvergenz verursachte Unordnung in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft herausgearbeitet (Abschnitt 2). Die Analyse von Reformvorschlägen und Reformschritten in Reaktion auf den Konvergenztrend verdeutlicht die Grundzüge einer Neuordnung. Sie wird mittels einer integrierten Mediamatikpolitik angestrebt, die den Sektor nicht mehr vertikal nach technologischen Kriterien oder Industriegruppenzugehörigkeit unterteilt(Abschnitt 3). Im Resümee wird auf den möglichen Bedeutungsgewinn kommunikationswissenschaftlicher Forschung für eine integrierte Mediamatikpolitik hingewiesen (Abschnitt 4).